Die Zukunft der Kirche im Stadtteil St. Jürgen

Im Dezember 2017 forderte die Synode des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg die Kirchengemeinden auf, bis zum Juli 2020 Konzepte für die zukünftige Nutzung kirchlicher Gebäude in Lübeck und im Herzogtum Lauenburg zu entwickeln. Zwei Jahre lang hat sich auch der Kirchengemeinderat unserer Gemeinde mit diesen Fragen beschäftigt und ein entsprechendes Konzept dem Kirchenkreis vorgelegt. Es soll hier vorgestellt werden und steht hier als PDF-Datei zum Herunterladen bereit.

Wir möchten mit der Gemeinde über das Konzept ins Gespräch kommen und es vorstellen. Dazu gibt es Gelegenheit am

26. Oktober um 19.30 Uhr in der St.-Augustinus-Kirche, Falkenhusener Weg
und am
17. November um 19.30 Uhr in der Kreuzkirche, Billrothstraße.


Und auch ihr als lebendige Steine
erbaut euch zum geistlichen Hause
und zur heiligen Priesterschaft,
zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig
sind durch Jesus Christus.

1Petr. 2,5

In Verantwortung für die Arbeit der evangelisch-lutherischen Kirche im Lübecker Stadtteil St. Jürgen hat der Kirchengemeinderat der Ev.-Luth. Kirchengemeinde in St. Jürgen das folgende Gebäudekonzept beraten und beschlossen. Damit nimmt er die ihm in Art. 25 der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland zugewiesene Verantwortung wahr, die Erfüllung der Aufgaben einer Kirchengemeinde in Wort und Tat langfristig zu ermöglichen und zu sichern.
Der Kirchengemeinderat ist stolz darauf, eine lebendige Gemeinde leiten zu dürfen und hofft und vertraut darauf, dass sich trotz nötiger Einschnitte in den Gebäudebestand das Gemeindeleben durch die Bündelung der Kräfte weiter lebendig zeigt und entwickelt.
Die folgenden Entscheidungen sollen dafür Sorge tragen, dass die Kirchengemeinde in St. Jürgen in den kommenden Jahren mit einem klaren Gebäudekonzept arbeitet und lebt. Nur so ist es möglich, sich auf die Inhalte, das Gemeindeleben und die Verkündigung zu  konzentrieren. Dafür bedarf es eines Konzepts, dass Kirchengemeinde und Kirchengemeinderat auf mittelfristige und längere Sicht einen Handlungsrahmen gibt.
Das vorliegende Konzept steckt seinen Rahmen sehr weit. So soll vermieden werden, dass  einzelne Entscheidungen zur Nutzbarkeit und Finanzierbarkeit der Gebäude auf lange Sicht alle Energien binden.

1.  Strukturveränderungen des kirchlichen Lebens bis 2050

Der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg hat die Gemeinden beauftragt, bis zum 15.07.2020 ein Gebäudekonzept einzureichen. Ziel war es ursprünglich, die Ausgaben für Gebäude im gesamten Kirchenkreis mittelfristig um 25 % zu senken.
Die Untersuchungen zur Entwicklung der Personal-, Mitglieder- und Finanzstruktur der vergangenen Zeit einerseits und die wirtschaftliche Krise, die in Folge der Corona-Pandemie zu erwarten ist, andererseits machen eine Veränderung der Gebäudeinfrastruktur in der Kirchengemeinde unausweichlich. Der Gebäudebestand spiegelt Gemeindegröße und -struktur der sechziger und siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wieder und muss den veränderten Bedingungen und Anforderungen nach rund sechzig Jahren angepasst werden.
Der Rückgang der Einnahmen durch Kirchenaustritte, die Verrentung der geburtenstarken Jahrgänge und zurückgehende Kirchensteuereinnahmen reduzieren die finanzielle Ausstattung. Der erwartete Finanzverlust durch coronabedingte Steuermindereinnahmen für den Kirchenkreis liegt bei 4 bis 5 Mio Euro, ein Einnahmeverlust für Kirchensteuermittel in der Gemeinde ab 2021 ist um bis zu 30 % möglich. Die Mindereinnahmen lassen sich nur bedingt durch Rücklagen ausgleichen, da eine nachhaltige positive Veränderung der finanziellen Situation nach heutiger Einschätzung unwahrscheinlich ist.
Ebenfalls absehbar ist ein Rückgang bei der Anzahl der Pastorinnen und Pastoren, die in den kommenden Jahren die Arbeit der Gemeinde begleiten können. Es ist bis 2030 eine Reduktion der Pfarrstellen von derzeit 5,25 auf drei Pfarrstellen zu erwarten.

2.  Regionalisierung der kirchlichen Arbeit

Um eine flächendeckende pfarramtliche Versorgung mit Amtshandlungen, Seelsorge, Gottesdiensten ist zu gewährleisten, ist die Bildung größerer Organisationseinheiten in absehbarer Zukunft unerlässlich. Die Kirchengemeinde in St. Jürgen und die Kirchengemeinde Luther-Melanchton haben vereinbart, die kirchliche Arbeit beiderseits der Trave regional abzustimmen und zu verzahnen. Angesichts der Tatsache, dass beide Kirchengemeinden bereits jetzt zu den größten Kirchengemeinden im Kirchenkreis gehören, erscheinen jedoch gegenwärtig die Beschränkung auf eine koordinierte Kooperation in den verschiedenen Arbeitsbereichen ausreichend, um die Handlungsfähigkeit der Gemeinden nicht zu gefährden.

3.  Entwicklung des Gebäudebestands der Ev.-Luth. Kirchengemeinde in St. Jürgen

3.1.  Voraussetzungen

Die Suche nach konkret bezifferbaren Faktoren und Kennzahlen erwies sich bei der Vorbereitung als schwierig bis wenig nutzbringend. Die Kosten für Betrieb und Unterhalt aller Gebäude ähneln sich an vielen Standorten. Der vom Kirchengemeinderat eingesetzte Vorbereitungsausschuss und der Kirchengemeinderat haben daher verschiedene Aspekte in seine Überlegungen einfließen lassen.
Dazu zählen:

  • Investitionsbedarfe, laufende Kosten, Einnahmen
  • Lagequalität, Erreichbarkeit
  • Nutzung, Nutzungsqualität und Nutzungsintensität
  • Besonderheiten und Eigentumsverhältnisse
  • Ökologie, Gesundheit, Sicherheit
  • Bedarfe der Gemeinde
  • Attraktivität für Kaufinteressenten

Als unaufgebbar scheint dem Kirchengemeinderat die historische St.-Jürgen-Kapelle als namensgebender Ort des Stadtteils.

3.2.  Geplantes Vorgehen

Das vorliegende Gebäudekonzept umfasst drei Phasen der Veränderung. Ausgehend vom Ist-Stand soll in einer ersten Phase erstens der Gebäudebestand reduziert werden und gleichzeitig finanzielle Mittel zur späteren Veränderung des Bestands generiert werden. Als Meilenstein/Zielvorgabe wählt der Kirchengemeinderat demografische Kennzahlen der Gemeinde. Es werden Mitgliederzahlen festgelegt, bis zu deren Unterschreiten bei einer fortschreitenden Verringerung der Kirchenzugehörigkeit durch Altersstruktur und Kirchenaustritte der jeweils beschriebene Bestand erreicht werden soll. Insbesondere nach Abschluss jeder einzelnen Veränderungsphase ist eine Überprüfung der Zielsetzung für die darauffolgenden Schritte notwendig und wichtig und muss im Kirchengemeinderat vorgenommen werden.

3.3.  Gebäudebestand 2020

Im Jahr 2020 betreut die Ev.-Luth. Kirchengemeinde in St. Jürgen knapp 13.000 Christinnen und Christen im Stadtteil.
Die Kirchengemeinde ist Eigentümerin von Gebäuden an fünf Standorten.

3.3.1.  Ratzeburger Allee 23
  • St.-Jürgen-Kapelle
  • Treppengiebelhaus
  • Alte Schule (Gemeindebüro)
  • Jugendräume
  • Possehl-Kita (in Verwaltung des Kita-Werks)
3.3.2.  Billrothstraße 1
  • Gemeindezentrum Kreuz
  • ehemaliges Pastorat (in Vermietung)
  • ehemalige Küsterwohnung (in Vermietung)
3.3.3.  Kronsforder Allee 127i
  • Ev.-Luth. Kindertagesstätte Kreuz (z.T. Eigentum der KG / Kitawerk Lübeck)
3.3.4.  Kronsforder Allee 73d
  • Dienstwohnung im Wohnprojekt “Lübsche Höfe”
3.3.5.  Kastanienallee 15c/Elswigstraße 70
  • St.-Martin-Kirche
  • Gemeindezentrum
  • Pastorat
  • Kita St. Martin  (in Verwaltung des Kita-Werks)
  • Atelierhaus der Kita  (in Verwaltung des Kita-Werks)
3.3.6.  Falkenhusener Weg 2
  • St.-Augustinus-Kirche
  • Pastorat
  • Gemeindehaus St. Augustinus
  • Kita St. Augustinus  (in Verwaltung des Kita-Werks)
  • ehemalige Küsterwohnung (in Vermietung)
3.3.7.  Alexander-Fleming-Straße 14
  • St.-Lukas-Haus

3.4.  Veränderungsphase 1

In einer ersten Phase betreibt der Kirchengemeinderat die Veräußerung von Gebäuden, aber auch den Ankauf oder die Anmietung mindestens einer Dienstwohnung, um spätere weitergehende Veränderungen zu ermöglichen. Für Ankauf oder Anmietung sind mögliche Veränderungen in der Residenzpflicht (§38 Pfarrdienstgesetz der EKD) zu beachten und das Vorgehen ggf. zu korrigieren. Wenn die Zahl von 10.000 Gemeindegliedern unterschritten wird, spätestens bis zum Sommer 2025, soll diese Phase abgeschlossen sein.
Folgende Maßnahmen sind vorgesehen:

  • Veräußerung der Immobilien Billrothstraße (Kreuzkirche, Gemeindehaus, Küsterwohnung und Pastorat)
  • möglichst Veräußerung der Anteile an Gebäude und Grundstück der Ev.-Luth. Kindertagesstätte Kreuz
  • Veräußerung der Immobilien Falkenhusener Weg (St.-Augustinus-Kirche, Pastorat, Gemeindehaus St. Augustinus, Kita St. Augustinus, ehemalige Küsterwohnung)
  • Erwerb einer Dienstwohnung als Ersatz für das Pastorat Falkenhusener Weg
  • Erwerb einer Dienstwohnung als Ersatz für das Pastorat Kastanienallee

Unter der Voraussetzung, dass es zu keinen Veränderungen in der Residenzpflicht kommt, ist die Kirchengemeinde nach Abschluss dieser Phase im Besitz ausreichender Dienstwohnungen, um den entsprechenden Verpflichtungen nachzukommen. Gleichzeitig entsteht durch den Erwerb die nötige Flexibilität zur Veräußerung oder Nutzungsänderung der bestehenden Gebäude.

3.5.  Veränderungsphase 2

Die zweite Veränderungsphase dient der weiteren Konzentration der Gebäude und der Intensivierung der Nutzung. Sie soll abgeschlossen sein, wenn die Zahl von 7000 Gemeindegliedern unterschritten wird.

  • Beendigung der Nutzung des Pastorats Kastanienallee als Dienstwohnung. 
  • Umgestaltung der Räume als Büro/Besprechungsräume.
  • Umgestaltung der sanitären Anlagen Kastanienallee (Barrierefreiheit)
  • Umzug des Kirchenbüros, der Arbeitsplätze für Mitarbeitende und aller Amtszimmer in die Kastanienallee.
  • ggf. Anmietung von Räumlichkeiten im Stadtteil für Jugendarbeit
  • Veräußerung des Alten Schulhauses/Kita Possehl inkl. des südlichen Teils des Grundstücks.
  • bei Bedarf Aufhebung der Kita St. Martin und Übernahme der Räumlichkeiten/des Atelierhauses für die Gemeindearbeit

3.6.  Veränderungsphase 3

Die letzten beiden Phasen dieses Konzepts sind von einer Vielzahl nicht absehbarer Faktoren abhängig - bis hin zur grundsätzlichen Frage der rechtlichen Organisationsform kirchlichen Lebens in der Zukunft. Sie können daher nur skizzenhaft ausgeführt und müssen im Verlauf der ersten beiden Phasen nach und nach den Bedarfen und Arbeitsformen für kirchliche Arbeit angepasst werden. Aus heutiger Sicht ist damit zu rechnen, dass der Abschluss dieser Phase bis zum Unterschreiten einer Gemeindegliederzahl von 4000 anzustreben ist.

  • Aufhebung der Nutzung des ehemaligen Pastorats Kastanienallee als Verwaltungsort, bei Bedarf Anmietung von Büroflächen beispielsweise im Hochschulstadtteil.
  • Veräußerung der Immobilien Kastanienallee 15c/Elswigstraße 70
  • bei Bedarf Veräußerung von Dienstwohnungen

Das St.-Lukas-Haus verbleibt als Standort für kirchliche Arbeit im Stadtteil, die St.-Jürgen-Kapelle verbleibt als gottesdienstlicher Ort.

3.7.  Veränderungsphase 4

Nach Abschluss der letzten Phase dieses Konzeptes konzentriert sich die kirchliche Arbeit im Stadtteil St. Jürgen auf einen Standort an der St.-Jürgen-Kapelle in der Ratzeburger Allee. Für diesen Schritt lässt sich keine Gemeindegliederzahl festlegen, sie wird vielmehr das Ergebnis der Veränderungen aus den vorangegangenen Jahren widerspiegeln.

  • Schaffung von Räumen auf dem nördlichen Teil des Grundstücks an der St.-Jürgen-Kapelle für Begegnung und kirchliche Arbeit.
  • Veräußerung des St.-Lukas-Hauses.

4.  Fazit

Vor allem die erste Phase der geplanten Veränderungen ist notwendigerweise verbunden mit Investitionen durch die Gemeinde, um die darauf aufbauenden weiteren Maßnahmen zu ermöglichen. Um das Gebäudekonzept umsetzen zu können, sind nochmalige Beratungen mit dem Kirchenkreis erforderlich, da es der Synodenbeschluss zu den Mehrkosten beim Bau des St.-Lukas-Hauses vom 2.12.2019 für die Gemeinde unmöglich macht, die erforderlichen Investitionsmittel zu generieren, die für eine Umsetzung des Konzepts und die damit einhergehenden, sehr weitreichenden Einsparungen nötig sind.
Der Kirchengemeinderat der Ev.-Luth. Kirchengemeinde in St. Jürgen ist sich der schmerzhaften Veränderungen durch die geplanten Schritte bewusst. Er vertraut in der Umsetzung auf die Unterstützung der Gemeinde und bittet um Führung durch den Heiligen Geist und den Segen Gottes für die kommenden Jahre.

Das Gebäudekonzept der Kirchengemeinde in St. Jürgen können Sie als PDF-Datei hier herunterladen.